ORF statt SKA: Rosen­zopf gibt Mikro ab

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Seine Stimme gehörte zu den Heimspielen der Austria Klagenfurt wie die Tore der Violetten: Zwölf Jahre lang war Christian Rosenzopf als Stadionsprecher und im Media-Team für den Verein im Einsatz. In dieser Zeit erlebte er wohl alle Höhen und Tiefen hautnah mit, die man im Fußball erleben kann. In diesem Sommer tauscht er das Mikrofon: Christian Rosenzopf wechselt zum ORF Kärnten.

Chris­ti­an, wir kön­nen es noch gar nicht glau­ben, dass die Heim­spie­le in Zukunft ohne dich am Rasen statt­fin­den wer­den…

Ja, das stimmt, es ist auch für mich eine neue Situa­ti­on. Wir könn­ten jetzt wahr­schein­lich eine gan­ze Woche lang über alle Anek­do­ten reden, die in all den Jah­ren pas­siert sind. 

Wel­che Momen­te fal­len dir als ers­tes ein?

Natür­lich war der Auf­stieg im Vor­jahr mit sehr vie­len Emo­tio­nen ver­bun­den, das ist ganz klar. Auch der Auf­stieg in die 2. Liga im Som­mer 2015 bleibt unver­ges­sen mit der Rele­ga­ti­on gegen Parn­dorf. Was das Gan­ze so spe­zi­ell gemacht hat, waren die her­aus­for­dern­den Zei­ten, die man gemein­sam durch­lebt hat. Immer wie­der hat es gehei­ßen: Der Klub ist am Ende. Ich kann mich an Tage erin­nern, wo es stän­dig Kri­sen­sit­zun­gen gab und man nur noch aufs Han­dy schau­te, wel­che Mel­dung als nächs­tes kommt. Und doch ist die Aus­tria immer auf­ge­stan­den.

Gibt es ein Spiel, das du nie ver­gisst?

Die Auf­stiegs­spie­le gegen St. Pöl­ten und Parn­dorf hat jeder Fan natür­lich sofort im Kopf. Ich den­ke aber vor allem an ein Spiel im ÖFB-Cup gegen die Admi­ra. Eini­ge wer­den sich noch erin­nern, das muss zehn Jah­re her sein. Die Aus­tria war damals ein mit­tel­mä­ßi­ger Ver­ein in der Regio­nal­li­ga, die Admi­ra ein gestan­de­ner Bun­des­li­gist. Doch in die­sem Spiel pas­sier­te etwas Unglaub­li­ches: Alex Schenk ist als Tor­hü­ter ein­ge­sprun­gen und er hat die Admi­ra-Spie­ler mit sei­nen Para­den der­ar­tig zum Ver­zwei­feln gebracht. Die 600 Fans, die im Sta­di­on waren, haben einen Lärm gemacht, als wäre der Unter­rang voll. So konn­te die Aus­tria in der Ver­län­ge­rung mit 2:0 gewin­nen. Den Frei­stoß von Mat­thi­as Dol­lin­ger sehe ich heu­te noch vor mir. Das sind die­se beson­de­ren Fuß­ball­ge­schich­ten. 

Wie hat es bei dir als Sta­di­on­spre­cher ange­fan­gen?

Ich war schon als Kind ein lei­den­schaft­li­cher Sport­re­por­ter, habe mei­ne eige­ne Schü­ler­zei­tung gemacht und durf­te als Jugend­li­cher für das FC Kärn­ten Maga­zin schrei­ben. Lei­der ging der Ver­ein in Kon­kurs. Als dann die Aus­tria Kla­gen­furt neu gestar­tet wur­de, war ich als Pres­se­spre­cher dabei und schrieb Berich­te für die Home­page. Damals wur­de auch ein Sta­di­on­spre­cher gesucht. Der dama­li­ge Prä­si­dent Josef Loib­n­eg­ger sag­te mir weni­ge Tage vor dem ers­ten Spiel, ich sol­le es doch ver­su­chen. Viel mehr als einen Matu­ra­ball hat­te ich mit 24 Jah­ren noch nicht als Mode­ra­ti­ons-Erfah­rung auf­zu­wei­sen, aber ich dach­te mir: War­um nicht …

Was war das ers­te Spiel?

Die Aus­tria Kla­gen­furt spiel­te gegen Paler­mo aus der ita­lie­ni­schen Serie A. Knapp 5000 Fans sind damals gekom­men. Ich hat­te mir den Tag extra frei­ge­nom­men, um mich vor­zu­be­rei­ten. Ich hat­te ja kei­ne Ahnung, wie das mit der Tech­nik im Sta­di­on läuft. Mit dem Mikro­fon, mit der Lein­wand, mit der Musik und so wei­ter. Das ist wie ein Auto, in das man sich in der Fahr­schu­le zum ers­ten Mal ans Steu­er setzt. Aber es ist alles gut gegan­gen und das ers­te Match ging halb­wegs unfall­frei über die Büh­ne. Danach mein­te der Prä­si­dent: ‚Du kannst gleich wei­ter­ma­chen.‘ So war ich plötz­lich mit­ten­drin. Es war ziem­lich stres­sig. Denn eigent­lich hat­te ich ja schon mit der Medi­en­ar­beit für den Ver­ein genug zu tun. Aber irgend­wie geht es ja immer. 

Es war nicht immer ein­fach in den zurück­lie­gen­den zwölf Jah­ren. Wie hast du das erlebt?

Es gab schon Tage, an denen ich mich frag­te, wie­so ich mir die gan­ze Arbeit über­haupt mache. Gera­de dann, wenn‘s nicht läuft und du nur 200 Zuschau­er im Sta­di­on begrü­ßen kannst, es rund um den Ver­ein kri­selt und du per­ma­nent dar­auf ange­spro­chen wirst — da ist es schon sehr schwer, durch­zu­hal­ten, die gute Lau­ne und den Glau­ben zu bewah­ren.

Die Auf­stie­ge und der aktu­el­le Erfolg waren der Lohn für das Durch­hal­ten, oder?

Ja, der Auf­stieg 2015 in die 2. Liga war damals sehr spe­zi­ell. Vor allem, da die Aus­tria als Meis­ter der Regio­nal­li­ga in die Rele­ga­ti­on gegen Parn­dorf muss­te. Als die Aus­tria im Rück­spiel plötz­lich in den Schluss­mi­nu­ten das Elf­me­ter-Tor kas­sier­te, da waren alle kurz in Schock­star­re. Das gan­ze Jahr schien ver­lo­ren zu sein. Doch dann gelang Chris­ti­an Praw­da der Aus­gleich. Aus­ge­rech­net Praw­da, der sonst nie ein Tor mach­te — und in der Ver­län­ge­rung hat es die Aus­tria gepackt. Danach lie­fen vie­le Fans auf den Rasen. Ich sehe es heu­te noch vor mir. Und dann natür­lich der Auf­stieg im Vor­jahr mit dem 4:0 gegen St. Pöl­ten. Das hät­te nie­mand für mög­lich gehal­ten. Aber genau für sol­che Momen­te mögen wir ja den Fuß­ball. Außer­dem hat­te ich gro­ße Freu­de an der Recher­che für die gro­ße Serie zum 100-jäh­ri­gen Jubi­lä­um. Es hat Rie­sen­spaß gemacht, in die His­to­rie ein­zu­tau­chen und mit vie­len Legen­den des Ver­eins zu spre­chen.  

Was war für dich der emo­tio­nals­te Moment?

Ein Moment, der lei­der nichts mit einem sport­li­chen Erfolg zu tun hat. Als ich im Mai 2018 zu einem der letz­ten Spie­le der Sai­son ins Sta­di­on fuhr und am Weg dort­hin erfah­ren habe, dass mein Vater gera­de ver­stor­ben ist. Mein Vater, der kein Sport­er­eig­nis ver­säumt hat und bei jedem Spiel im Sta­di­on war. Ich war am Boden, habe aber die Mode­ra­ti­on vor dem Spiel trotz­dem durch­ge­zo­gen, da sich so schnell kein Ersatz­spre­cher fin­den ließ. Als die Mann­schaf­ten aufs Feld kamen, habe ich mich dann umge­dreht und über das Mikro­fon gesagt, was gera­de in mir vor­geht. Die Besu­cher haben für mei­nen Vater applau­diert.

Und jetzt endet für dich also die Zeit bei der Aus­tria. Wie fühlt sich das an?

Es ist ein Schritt, der unge­wöhn­lich erschei­nen mag — nach so einer lan­gen Zeit. Vor allem unge­wöhn­lich, wo doch die Aus­tria gera­de in der Bun­des­li­ga spielt und sich auf allen Ebe­nen posi­tiv ent­wi­ckelt. Doch hat­te ich immer schon eine gro­ße Lei­den­schaft für die Medi­en und ins­be­son­de­re den Sport. Daher freue ich mich sehr über die neue Auf­ga­be im ORF Kärn­ten. Ich wer­de also wei­ter­hin bei vie­len Fuß­ball­spie­len und ande­ren Sport­er­eig­nis­sen in Kärn­ten haut­nah dabei sein. 

Was wünscht du dei­nem Nach­fol­ger Patrick Jochum?

Ich habe ihn selbst vor­ge­schla­gen und kann nur sagen: Eine sehr gute Wahl. Er hat schon bei wei­tem mehr Mode­ra­ti­ons-Erfah­rung, als ich sie am Anfang hat­te. Ich wün­sche ihm eine genau so tol­le Zeit, wie ich sie erle­ben durf­te in die­sem Ver­ein.

Dei­ne letz­ten Wor­te?

Wow! Ich bin kein Freund von gro­ßen Abschie­den. Da tue ich mich immer schwer, die rich­ti­gen Wor­te zu fin­den, um ehr­lich zu sein. Vor allem ist es kein Abschied für immer. Ich wer­de wei­ter­hin als Repor­ter ins Sta­di­on kom­men. Ich kann nur sagen: Dan­ke für die gemein­sa­me Zeit und bit­te ein­fach so wei­ter­ma­chen, wie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren. Was Bes­se­res kann man sich als hei­mi­scher Fuß­ball-Fan ja gar nicht wün­schen. Ich freue mich auf vie­le span­nen­de Bun­des­li­ga­spie­le und natür­lich auf tol­le Kärnt­ner Der­bys!