Die turbulenten 90er

Serie: Mat­thä­us bekommt sein Fett ab

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Zeitreise in das Jahr 1992: Wieder kommt es zu einem Topspiel in Waidmannsdorf. Die Austria Klagenfurt gegen Europapokal-Sieger Inter Mailand. Lothar Matthäus war Liebling der Autogrammjäger, bekam dennoch sein Fett ab. Die Platzwartin der Austria nahm sich den deutschen Weltmeister gehörig zur Brust.

Es war das Duell der Gegen­sät­ze am 19. März: Die Aus­tria kämpf­te gera­de gegen den Abstieg in die Kärnt­ner Liga, Inter Mai­land kam als frisch­ge­ba­cke­ner Gewin­ner des UEFA-Cups (heu­te: Euro­pa League) und Vize­meis­ter der ita­lie­ni­schen Serie A an den Wör­ther­see.

Ent­spre­chend groß war der Medi­en­rum­mel, als der Flie­ger mit den Fuß­ball­stars an Bord am Kla­gen­fur­ter Flug­ha­fen lan­de­te. Mit dabei: Die deut­schen Legen­den Lothar Mat­thä­us, Jür­gen Klins­mann und Andre­as Breh­me, die zwei Jah­re zuvor den WM-Titel geholt hat­ten.

„Wir kön­nen auch ger­ne öster­rei­chisch spre­chen“, sag­te Mat­thä­us bei der Begrü­ßung durch Sport-Stadt­rat Die­ter Jandl und Aus­tria-Prä­si­dent Ste­fan Wetzl. Und er ließ sich prompt zu einer PR-Akti­on über­re­den. Die Aus­tria-Ver­ant­wort­li­chen baten ihn, gemein­sam mit Klins­mann und Breh­me in der Vil­la­cher Stra­ße für ein Wer­be­fo­to zu posie­ren. Wetzl führ­te dort eine Nie­der­las­sung eines ita­lie­ni­schen Sport­ar­ti­kel­her­stel­lers, der damals Aus­rüs­ter der Aus­tria war. Mat­thä­us wil­lig­te ein und fädel­te den Foto­ter­min kur­zer­hand bei den Inter-Ver­ant­wort­li­chen ein.

Tat­säch­lich fuhr der Rei­se­bus mit der Inter-Mann­schaft kur­ze Zeit spä­ter in der Vil­la­cher Stra­ße vor. Ob die Star­ki­cker auch wuss­ten, dass Wetzl neben­an einen Nacht­club betrieb, ist nicht bekannt.

Beglei­tet von einer Poli­zei­es­kor­te ging es dann wei­ter zum Casi­no­ho­tel Vel­den, wo der dama­li­ge Kla­gen­fur­ter Bür­ger­meis­ter Leo­pold Gug­gen­ber­ger die pro­mi­nen­ten Gäs­te erwar­te­te. Auch am Casi­no­platz war Lothar Mat­thä­us ein gefrag­ter Mann. Gedul­dig beant­wor­te­te er die Fra­gen der Kärnt­ner Sport­re­por­ter und schrieb Auto­gram­me für Pas­san­ten und Fans.

Weni­ger Sym­pa­thien ern­te­te der deut­sche Welt­meis­ter offen­bar bei Aus­tria Platz­war­tin Anna Krainz. Sie hat­te von Prä­si­dent Wetzl einen Spe­zi­al­auf­trag erhal­ten und soll­te die Inter-Kicker vor dem Spiel mit Kaf­fee ver­sor­gen. „Wetzl hat­te gesagt: Die wol­len teu­ren Kaf­fee und ein Stam­perl Cognac. Also haben wir extra eine Kaf­fee­ma­schi­ne gekauft. Dann frag­ten mich die Spie­ler, was ich in ihrer Kabi­ne suche. Ich sag­te: ‚Ich mache euch Kaf­fee.‘ Der Mat­thä­us hat nur gesagt: Jetzt nicht! Also wur­de ich hin­aus­ge­be­ten“, erzählt Anna Krainz.

Da hat­ten die deut­schen Spie­ler wohl noch nicht geahnt, mit wem sie es gera­de zu tun hat­ten. „Spä­ter kamen die Spie­ler wie­der und mein­ten, jetzt könn­te ich den Kaf­fee machen. Dann habe ich zum Mat­thä­us gesagt: ‚Weißt‘ was, jetzt kannst mich! Der Klins­mann und der Breh­me haben nur gelacht und geklatscht. Am Ende habe ich den Cognac selbst getrun­ken.“

Lothar Mat­thä­us hat­te den Humor trotz­dem nicht ver­lo­ren. Rudi Perz, einer sei­ner Gegen­spie­ler, erin­nert sich: „Mat­thä­us mein­te, unser ver­reg­ne­ter, tie­fer Boden wäre schö­ner als der Rasen im Sta­di­on San Siro. Und als ich ihn am Platz über­spielt habe, sag­te er: Jun­ge, lauf nicht so schnell. Ich muss mich für das Wochen­en­de scho­nen.“

Inter Mai­land setz­te sich am Ende im Wör­ther­see-Sta­di­on mit 3:1 durch, den Ehren­tref­fer für die Vio­let­ten erziel­te Hans Gröss. Weni­ge Mona­te spä­ter muss­te die Aus­tria den bit­te­ren Abstieg in die Kärnt­ner Liga hin­neh­men. Als Trost blieb die Erin­ne­rung an tol­le inter­na­tio­na­le Freund­schafts­spie­le gegen Real Madrid (1991) und Inter Mai­land (1992).

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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