„Es geht um Austria, nicht um mich“

Seit dem Nikolaustag steht Robert Micheu an der Spitze der Austria Klagenfurt. Der 49-Jährige wurde zum neuen Präsidenten berufen und schlägt in dieser Funktion ein weiteres Kapitel seiner „Lovestory“ mit den Violetten auf. Der frühere Spieler und Trainer des Kärntner Traditionsklubs spricht im Interview über die zusätzliche Rolle neben seiner Tätigkeit als Akademieleiter, die aktuelle Situation und die nächsten Ziele.
Sie haben in Ihrer Jugend für die Austria gespielt, waren später zwei Jahre Cheftrainer (2018 bis 2020), dann Akademieleiter und sind jetzt Präsident. Wie kam es dazu?
Robert Micheu: Etwa vier Wochen vor der Präsidiumssitzung wurde ich gefragt, ob ich mir das Amt vorstellen könnte. Anfangs dachte ich, das sei ein Scherz, weil ich mich gedanklich nie damit beschäftigt hatte. Aber letztlich hat alles zusammengepasst. Für mich war allerdings klar, dass ich meinen Posten als Akademieleiter behalten möchte. Ich bin durch und durch Sportler und will das auch bleiben. Natürlich ist es eine etwas andere Herangehensweise – viele Präsidenten haben eher einen wirtschaftlichen Hintergrund. Dieses Terrain ist für mich neu, aber ich freue mich auf die Herausforderung und darauf, zu sehen, wohin die Reise geht. Besonders wichtig ist mir, den Nachwuchs weiter in den Mittelpunkt zu rücken und dafür zu sorgen, dass die Talente die Unterstützung bekommen, die sie verdienen. Das bedeutet natürlich mehr Arbeit und mehr Verantwortung, aber das sehe ich nicht als Nachteil.
Sie stehen wie kaum ein anderer für die Werte und die Identität der Austria. Ist die neue Rolle für Sie eine Art „Herzensprojekt“?
Definitiv! Ich sehe das immer so: Es geht nicht um mich, sondern um den Verein. In jeder Position, die ich bekleidet habe, war mein Ziel, alles zu geben und meinen Teil beizutragen. Es wird viel geredet, aber am Ende zählt, dass man etwas umsetzt und dranbleibt. Ich erinnere mich gut, als ich mich nach meinem Aus als Cheftrainer direkt für die Mädels engagiert habe. Manche haben das belächelt und gesagt: „Jetzt bist du nur noch Frauentrainer.“ Aber für mich war das nie ein Abstieg – es ging immer um die Spielerinnen und ihre Entwicklung. Vielleicht ticke ich da anders als andere, aber das ist mir egal. Ich bleibe, wie ich bin.
Die neue Aufgabe ist sicher spannend und reizvoll, aber wohl auch keine einfache. Wie sehen Sie das?
Was ist in der heutigen Zeit schon einfach? Wenn ich an meine Zeit als Cheftrainer zurückdenke, war das anfangs im Abstiegskampf der 2. Liga auch alles andere als leicht. Im Moment kann ich noch gar nicht genau sagen, was konkret auf mich zukommen wird. Aber ich bin bereit, mich allen Herausforderungen zu stellen und mich hinenzuarbeiten, um das für den Verein beste Ergebnis zu bewirken.
Die Nähe zu den Menschen war Ihnen immer wichtig. Hat sich das geändert?
Nein, das bleibt ein zentraler Punkt für mich. Der Kontakt zu den Kindern, den Jugendlichen und ihren Eltern ist wichtig – sie sind schließlich unsere Zukunft. Bei der Kampfmannschaft läuft vieles gut, sie hat ein Top-Umfeld. Sollte dort jedoch Unterstützung gebraucht werden, stehe ich natürlich auch zur Verfügung. Ein offenes Thema ist die Sponsorensuche, das ist kein Geheimnis. Vielleicht motiviert es potenzielle Partner aber jetzt umso mehr, dass mit Martin Hinteregger und mir zwei „Heimische“ mit vorneweg gehen, die wirklich etwas bewegen wollen.
Die Austria hat in der Vergangenheit einige Höhen und Tiefen erlebt. Wie schwierig ist es tatsächlich, im Verein etwas zu verändern?
Es hat sich in den zurückliegenden Jahren so vieles zum Positiven verändert. Die Schwierigkeit besteht darin, das auch nach Außen zu transportieren, damit es bei den Leuten ankommt. Natürlich gibt es Kritiker, die sagen, dass im unteren Playoff noch weniger Zuschauer kommen werden. Ich erinnere mich jedoch gut an ein Spiel, in dem wir Salzburg geschlagen haben – und eine Woche später, bei einer noch wichtigeren Partie, waren gerade einmal 3000 Zuschauer im Stadion. Das zeigt: Da ist noch Luft nach oben. Ich bin immer vor Ort, immer ansprechbar. Vielleicht bringt das auch neue Möglichkeiten. Entscheidend wird sein, welche Ideen wir wirklich umsetzen können.
Sportlich steckt Klagenfurt erstmals seit dem Bundesliga-Aufstieg in einer schwierigeren Phase. Wie bewerten Sie die Lage aus Sicht eines ehemaligen Cheftrainers?
Man kann stolz darauf sein, was der Klub nach einem großen personellen Umbruch vor der Saison bisher erreicht hat. Viele Spieler haben kaum Bundesliga-Erfahrung – da sind Höhen und Tiefen ganz normal. Dass es jetzt mal nicht so läuft, sollte niemanden überraschen. Von manchen wird die Situation als „Mörderkrise“ dargestellt, aber das halte ich für übertrieben. Die Austria war dreimal in Folge in der Meistergruppe. Nach fünf erfolgreichen Jahren gibt es nun einen kleinen Knick, das gehört dazu.
Sie haben den Aufstieg mit der Austria im Sommer 2020 als Trainer nur knapp verpasst. Gibt es da noch schlimme Träume?
Ab und zu kommt das schon hoch – etwa, weil Sandro Zakany damals in Amstetten den Elfmeter nicht geschossen hat. Ich bin sicher, er hätte ihn verwandelt, dann wären wir oben dabei gewesen. Das hat mich damals natürlich sehr geärgert. Aber ich habe nach meiner Freistellung sofort gesagt: „Ich bleibe da, wo mich der Verein braucht.“ Es ging mir nie ums Rampenlicht. Wichtig ist, dass jeder im Team sein Bestes gibt.
Was sagen Sie zur Verpflichtung von Martin Hinteregger, der seine Profi-Auszeit beendet hat und den Neustart in der Heimat wagt?
Das war ein großartiger Schachzug! Er ist einer der erfolgreichsten Kicker aus Kärnten aller Zeiten und hat ein unglaublich gutes Auge für den Sport. Der Austria konnte nichts Besseres passieren. Ich bin überzeugt, dass er uns im Frühjahr einen Vorteil verschaffen wird – er braucht nur noch ein bisschen Zeit, um auf den alten Leistungsstand zu kommen.
Für einen Fußball-Klub sind viele Dinge essenziell, aber vor allem die Akzeptanz der Menschen und die Unterstützung aus Stadt und Land. Wie sehen Sie das?
Jedem muss klar sein: Ohne diese Unterstützung kann kein nachhaltiges Projekt im Profifußball gelingen. Man darf dabei nicht vergessen, dass auch die Menschen in der Region aktuell mit Herausforderungen zu kämpfen haben. Viele Vereine ringen gerade um Budgets. Es geht also darum, kreative Lösungen zu finden, die allen helfen. Es muss nicht immer nur um Geld gehen – manchmal reichen auch andere Dinge, wie zusätzliche Trainingsplätze. Das ist die Challenge, der wir uns stellen.