Die Rückkehr in violetten Farben

Serie: Die treus­te See­le im Betreu­er­stab

©  Christian Rosenzopf

Er ist der dienstälteste Mitarbeiter in Waidmannsdorf und damit selbst eine Austria-Legende: Seit mehr als 20 Jahren kümmert sich Peter Kostolansky um die „Wäsch“ der Kampfmannschaft. So ziemlich jeder Spieler schwärmt von seiner Professionalität. Der gebürtige Slowake war selbst Profisportler und spielte einst Eishockey mit Weltstar Jagomir Jagr.

In den Kata­kom­ben des Sta­di­ons ist sein Zuhau­se. Man möch­te mei­nen: Er wohnt wirk­lich dort. Denn Peter Kos­tolan­sky ist immer im Ein­satz. Es ver­geht kaum ein Tag, an dem man ihn nicht in der Are­na antref­fen kann, wäh­rend rund um ihn die Wasch­ma­schi­nen und Trock­ner auf Hoch­tou­ren lau­fen.

„Ande­re Ver­ei­ne haben oft zwei, drei Zeug­war­te, er macht alles allein. Er erle­digt gan­ze Ber­ge von Wäsche. Die Aus­tria darf glück­lich sein, dass es sol­che Men­schen gibt wie ihn, die nicht jam­mern, son­dern ein­fach ihre Arbeit machen“, schwärmt Team-Mana­ger San­dro Zaka­ny, der von Kos­tolan­sky auch als Spie­ler vie­le Jah­re beglei­tet wur­de.

Im Som­mer 2001 hat­te der ehe­ma­li­ge slo­wa­ki­sche Eis­ho­ckey-Pro­fi sei­ne Tätig­keit in Waid­manns­dorf begon­nen. Der FC Kärn­ten war gera­de Cup-Sie­ger gewor­den und brauch­te für die ers­te Bun­des­li­ga-Sai­son einen ver­sier­ten Zeug­wart. Kos­tolan­sky weil­te zu jener Zeit als Eis­ho­ckey-Coach in Kla­gen­furt. „Ich war Co-Trai­ner bei DEK Schel­lan­der in der 2. Liga. Durch Zufall habe ich Prä­si­dent Josef Stein­dor­fer vom FC Kärn­ten ken­nen­ge­lernt. Wir haben uns ein­mal in einer Sau­na beim Zusam­men­sit­zen unter­hal­ten. Als er mich eines Tages anrief und frag­te, ob ich Zeug­wart wer­den will, sag­te ich: Pro­bie­ren wir es ein­fach …“

Dabei hät­te sein Start kaum bes­ser lau­fen kön­nen. „Mein ers­tes Spiel war das Fina­le im öster­rei­chi­schen Super­cup. Da haben wir in Tirol im Elf­me­ter­schie­ßen gewon­nen — die Stim­mung war unglaub­lich“, erin­nert er sich. Kos­tolan­sky wuss­te von Anfang an, wie er die Spie­ler am bes­ten unter­stüt­zen kann. Schließ­lich absol­vier­te er selbst mehr als 400 Eis­ho­ckey-Spie­le in der Slo­wa­kei (und der dama­li­gen Tsche­cho­slo­wa­kei). Dort spiel­te der stets beschei­de­ne Stür­mer mit Stars wie Jaro­mir Jagr, einem der Größ­ten aller Zei­ten, zusam­men. „Daher wuss­te ich, wie ein Pro­fi­be­trieb abläuft. Das ist im Fuß­ball ja nicht anders als im Eis­ho­ckey. Nur wenn sich die Spie­ler zu hun­dert Pro­zent auf ihren Fuß­ball kon­zen­trie­ren kön­nen, habe ich mei­nen Job rich­tig gemacht.“

Um sei­ne Tätig­keit beim FC Kärn­ten zu 100 Pro­zent erfül­len zu kön­nen, brach er sogar sei­ne Zel­te im Eis­ho­ckey ab. „Mei­ne Kin­der waren damals noch klein. Daher wuss­te ich: Eis­ho­ckey und Fuß­ball wird sich nicht aus­ge­hen neben der Fuß­ball. Also habe ich mich für Fuß­ball ent­schie­den.“ Mitt­ler­wei­le ist Kos­tolan­sky län­ger im Amt als jeder ande­re in Rei­hen der Vio­let­ten. In 20 Jah­ren hat er unzäh­li­ge Pro­fis betreut, vom FC Kärn­ten bis zur heu­ti­gen Aus­tria Kla­gen­furt.

Natür­lich kann er eine Men­ge Geschich­ten erzäh­len. Als er etwa mit dem FC Kärn­ten zu einem Win­ter-Trai­nings­la­ger nach Flo­renz fuhr. Statt der erhoff­ten per­fek­ten Bedin­gun­gen, erleb­te man das reins­te Schnee-Cha­os. „Am Weg zum Hotel blieb sogar der Bus ste­cken — und die Spie­ler muss­ten das Fahr­zeug schie­ben.“ Tat­säch­lich ist jedes Aus­wärts­spiel und jedes Trai­nings­la­ger ein neu­es Aben­teu­er. Unzäh­li­ge Kis­ten vol­ler Aus­rüs­tung und Uten­si­li­en müs­sen stets gepackt und rei­se­fer­tig gemacht wer­den.

Auch abseits der „Wäsch“ küm­mert sich Peter stets in beein­dru­cken­der Wei­se um die Ver­sor­gung der Mann­schaft. Es gibt immer Geträn­ke oder einen klei­nen Snack, der vor dem Anpfiff noch ein­mal Ener­gie gibt. Zaka­ny: „Mit sei­nem Slang sorgt er auch immer für Lacher. Wenn er etwa durch die Kabi­ne ruft: Buschen, nicht ver­ges­sen auf Bana­nen.“

Beson­ders erin­nert sich Kos­tolan­sky an den frü­he­ren FCK-Stür­mer Mari­jo Maric: „Eines Tages kam er zu mir, wir hat­ten ein Spiel in der Bun­des­li­ga — und es war kurz vor dem Anpfiff. Er mein­te: ‚Peter, hast du noch was zu essen?‘ Plötz­lich sah er die Sem­meln, die ich für die Ball­bu­ben vor­be­rei­tet hat­te. Er nahm eine Sem­mel und ver­schlang sie mit nur drei Bis­sen. Ich trau­te mei­nen Augen nicht. Und dann lie­fer­te er ein Super-Spiel ab!”

In Sachen Fit­ness ist der vio­let­te Zeug­wart übri­gens selbst noch auf Top-Niveau unter­wegs. Immer wie­der dreht er wäh­rend der Trai­nings­ein­hei­ten der Mann­schaft selbst sei­ne Lauf­run­den oder schwitzt in den Kata­kom­ben des Sta­di­ons. Team-Mana­ger Zaka­ny: „Er trai­niert wirk­lich jeden Tag. Ein paar Mal haben wir ihn schon ertappt, wenn er sei­ne Übun­gen macht, wäh­rend am Fern­se­her wie­der eine Sport­sen­dung läuft. Er ist halt ein­fach eine Maschi­ne.“

Dass es bei der Aus­tria auch ande­re Zei­ten gab, in denen Kos­tolan­sky nicht wuss­te, ob er noch sein täg­lich Brot mit Fuß­ball ver­die­nen kön­ne, das lässt er frei­lich uner­wähnt. Ein wah­rer Gen­tle­man eben. „Schau, ich bin so, ich bin nie jeman­dem böse gewe­sen. Und wenn man etwas mit Lei­den­schaft macht, dann macht man es eben.“ So kennt man ihn: Immer höf­lich, nie jam­mernd, immer loy­al zu den Spie­lern und zum Ver­ein. Im Sieg wie in der Nie­der­la­ge.

So konn­ten ihn auch die schwers­ten Kri­sen nicht erschüt­tern. Und wenn die Mann­schaft gewinnt, ist es für ihn stets neue Moti­va­ti­on: „Wenn sich die Spie­ler in der Kabi­ne über einen Sieg freu­en, das ist für mich immer noch das Schöns­te. Das ist die Beloh­nung, das Zuckerl für die Arbeit.“ Der­ar­ti­ge Jubel-Momen­te konn­te er gera­de im abge­lau­fe­nen Jahr eine Men­ge erle­ben. Der beschei­de­ne Zeug­wart hat sie sich wahr­lich ver­dient.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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