Die legendären 80er

Serie: Hrstic wird „Bumm Bumm Peter“

© KK

Er war der Mann mit dem schärfsten Schuss weit und breit: Peter „Gustl“ Hrstic zählte in den 1980er Jahren zu den Lieblingen des Klagenfurter Publikums, das ihm den Spitznamen „Bumm Bumm Peter“ verlieh. Er hatte aber auch eine andere Spezialität: Er konnte Elfmeter herausholen wie kein Zweiter. Das machten sich seine Mitspieler gerne zunutze.

Sei­ne Schüs­se waren über­fall gefürch­tet: An guten Tagen ver­such­te Peter Hrstic sogar von der Mit­tel­li­nie aus sein Glück. „Sein Schuss war eine Rie­sen­waf­fe. Dabei hat­te er dün­ne Füße wie Spa­ghet­ti. Er war ein Papie­re­ner. Da sieht man, was mit guter Tech­nik alles mög­lich ist“, schwärmt Wal­ter „Dago“ Koch, einer sei­ner lang­jäh­ri­gen Mit­spie­ler.

„Er hat­te einen aus­ge­zeich­ne­ten Rech­ten. Es gab aber auch Spiel­ta­ge, wo gar nichts geklappt hat­te. Wenn die ers­ten bei­den Schüs­se im Spiel über das Sta­di­on raus­flo­gen, dann war klar: Das wird heu­te nichts mehr. Dann haben wir ihm kei­nen Ball mehr gege­ben“, blickt Ewald Tür­mer lachend zurück.

Flog der Ball in Rich­tung Sie­ben­hü­gel­stra­ße, wäre er fast bei ihm im Wohn­zim­mer gelan­det. Denn Peter Hrstic ist mit sei­nen Brü­dern gegen­über des Sta­di­ons auf­ge­wach­sen. Vie­le nann­ten den Kicker mit dem Wuschel­kopf ein­fach den „Zwei­er“ — weil er der zweit­äl­tes­te der drei „Hrstic Brot­hers“ war. Der ältes­te war Davor, der jüngs­te war Josef (vie­le nann­ten ihn „Man­di“). Eine ein­ma­li­ge Fuß­ball-Geschich­te, denn alle drei schaff­ten spä­ter den Sprung in die Kampf­mann­schaft der Aus­tria.

Peter Hrstic erin­nert sich an die Kind­heit in Waid­manns­dorf: „Meis­tens sind wir gleich nach der Schu­le Fuß­ball­spie­len gegan­gen. Wir haben auf dem Feld gespielt, wo sich heu­te der Kunst­ra­sen befin­det. Damals war alles eine rote Erde. Das war der Treff­punkt der Jugend. Und dane­ben war eine Wand, da haben wir immer rauf­ge­schos­sen — bis uns am Abend die Mama rein­ge­jagt hat.“ So konn­te der klei­ne Bom­ber schon früh sei­ne unnach­ahm­li­che Schuss­tech­nik trai­nie­ren.

Ball­bub für Lothar Emme­rich

Bereits im frü­hes­ten Alter stand Hrstic als Ball­bub bei den Spie­len der „Gro­ßen“ auf der Lauf­bahn: „Zu der Zeit waren Spie­ler wie Lothar Emme­rich in der Kampf­mann­schaft. Ich kann mich noch erin­nern, wie er im Win­ter immer in Shirts und kur­zen Hosen trai­nier­te. Die­ses Bild bleibt einem im Kopf.“

Bereits mit 17 Jah­ren debü­tier­te Peter Hrstic selbst in der Kampf­mann­schaft. Mit der Aus­tria hol­te er 1978/79 prompt den Vize­meis­ter­ti­tel in der 2. Liga und ver­pass­te nur knapp den Auf­stieg. 1982 unter Wal­ter Lude­scher hat­te es end­lich geklappt und Hrstic konn­te ab sofort in der höchs­ten Liga mit sei­nen Weit­schüs­sen auf­zei­gen.

Kaf­fee und Kuchen vor dem Spiel

Bei Heim­spie­len gab es im Hau­se Hrstic ein Spiel­tags-Ritu­al: „Die Spie­le waren meis­tens Frei­tag­abend. Also bin ich nach der Leh­re bei der Fir­ma Hirsch heim, dann gab es Mit­tag­essen, dann habe ich mich hin­ge­legt. Am Nach­mit­tag gab es Kaf­fee und Kuchen. Dann haben wir Brü­der beim Fens­ter raus­ge­se­hen, da sahen wir meis­tens schon die vie­len Autos vor dem Sta­di­on. Die Kenn­zei­chen waren aus ganz Kärn­ten: Her­ma­gor, Spit­tal, Wolfs­berg. Von über­all sind sie gekom­men. Und wenn wir durch den Spie­ler­tun­nel bei Platz­wart Sigi Krass­nig vor­bei­mar­schier­ten, dann war echt was los.“

Zu Hau­se konn­te man vie­len Mann­schaf­ten das Fürch­ten leh­ren. Mit Rama­dha­ni und Sen­zen hat­te Hrstic kon­ge­nia­le Ball­tech­ni­ker an sei­ner Sei­te. „Rama­dha­ni war außer­ge­wöhn­lich, aber kein ein­fa­cher. Und Sen­zen war einer der bes­ten Aus­län­der, die wir je hat­ten. Er konn­te mit dem Geg­ner machen, was er woll­te.“

Aber auch Hrstic selbst konn­te an Stern­ta­gen ein Spiel im Allein­gang ent­schei­den. Legen­där vor allem sein Auf­tritt beim 4:2‑Auswärtssieg beim GAK. Hrstic wur­de an jenem 11. Sep­tem­ber 1982 zum „Man of the Match“. Drei Mal häm­mer­te er den Ball ins Netz des Geg­ners.

Dann war da noch eine Spe­zia­li­tät: Das Her­aus­ho­len von Elf­me­tern. „Dago“ Koch erzählt eine wun­der­ba­re Anek­do­te dazu: „Gustl hat­te einen wun­der­ba­ren Haken, dann ist er schon abge­ho­ben und hat sehr spek­ta­ku­lär fal­len kön­nen. Die­se Stär­ke kann­ten wir. Han­nes Hau­bitz und ich haben uns daher bei Heim­spie­len oft schon in der Nähe vom Schieds­rich­ter posi­tio­niert. Denn Schieds­rich­ter hat­ten frü­her meist eine Ten­denz zur Heim­mann­schaft.“

Wenn dann Gustl Hrstic in den geg­ne­ri­schen Straf­raum ein­drang, hat­ten Hau­bitz und Koch häu­fig den Kon­takt zum Refe­ree gesucht. Koch: „Die Schieds­rich­ter hat­ten die Pfei­fe oft schon am Mund, damit sie schnel­ler pfei­fen kön­nen. Das haben wir aus­ge­nutzt. Wenn wir gese­hen haben, dass der Gustl abhebt, haben wir schon geru­fen: Elf­me­ter! Da konn­te er meis­tens gar nicht anders. Denn das Sta­di­on war vol­ler Leu­te. Der Schieds­rich­ter hat­te somit das gan­ze Spie­le sei­ne Ruhe vor dem Publi­kum. Und so haben wir sicher eini­ge Punk­te im eige­nen Sta­di­on gewon­nen.“

Trai­ner Wal­ter Lude­scher war ein gro­ßer För­de­rer des Wuschel­kop­fes mit der Rücken­num­mer 14. Manch­mal wur­de das Ver­hält­nis aber auf eine har­te Pro­be gestellt, wie sich Hrstic erin­nert. „Ein­mal war ‚Lu‘ mit mei­ner Leis­tung so unzu­frie­den — da wur­de ich in der 55. Minu­te ein­ge­tauscht und 20 Minu­ten spä­ter wur­de ich schon wie­der aus­ge­tauscht.“ Das war frei­lich nur eine sel­te­ne Aus­nah­me. Durch sei­ne Auf­trit­te mach­te Hrstic bereits im zwei­ten Bun­des­li­ga-Jahr auf sich auf­merk­sam. Schließ­lich lan­de­te er im Win­ter 1984 bei Rekord­meis­ter Rapid, wo er unter Trai­ner Otto Baric zum Ein­satz kam.

Mama schimpf­te bei Brü­der-Duell

So kam es im Mai 1985 zum unge­wohn­ten „Brü­der-Kampf“ im Wör­ther­see-Sta­di­on: Aus­tria Kla­gen­furt mit Davor und „Man­di“ Hrstic gegen Rapid Wien mit Peter Hrstic. Alle drei Brü­der stan­den in den Start­for­ma­tio­nen. Und man schenk­te sich nichts. „In einer Sze­ne habe ich mei­nen klei­nen Bru­der Josef gegrätscht. Da war der gro­ße Bru­der sofort zur Stel­le. Da stan­den wir Nase an Nase.“

Vor allem für die Mama des Brü­der-Tri­os war es eine belas­ten­de Situa­ti­on. Peter Hrstic: „Mei­ne Mut­ter saß auf dem glei­chen Platz wie immer auf der Haupt­tri­bü­ne. Sie wuss­te nicht, zu wem sie hal­ten soll. Als ein Mann auf der Tri­bü­ne über mich schimpf­te, da hat es ihr aber gereicht: Sie erwisch­te ihn mit einem Regen­schirm am Kopf und sag­te: Sie wer­den nie mehr über mei­nen Sohn schimp­fen!” Das Spiel ende­te übri­gens 1:1. Eine brü­der­li­che Punk­te­tei­lung.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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